2020-2021
Projekt
„Hall360Tirol – eine virtuelle Zeitreise“
Archäologie, Ausgrabungen und spektakuläre Funde üben seit jeher eine Faszination auf die Öffentlichkeit aus. In exakter, mühevoller und langwieriger Arbeit werden Überreste der Vergangenheit freigelegt, dokumentiert und Funde geborgen und restauriert. Ein Großteil der Ausgrabungsplätze kann jedoch vielfach aus Kostengründen nicht dauerhaft erhalten bleiben, sondern muss nach Abschluss der Arbeiten aus konservatorischen oder Nutzungsüberlegungen wieder zugeschüttet werden oder müssen modernen Bauvorhaben Platz machen. Allein die Dokumentation in Fachpublikationen, die zumeist auf ein abgegrenztes Fachpublikum beschränkt ist, bleibt davon übrig. Ausgewählte Funde werden restauriert in Museen ausgestellt, eine für Besucherinnen und Besucher klar ersichtliche Verbindung mit dem ursprünglichen Kontext ihrer Auffindung ist allerdings auch bei bestmöglicher Präsentation nur noch schwer gegeben.
Die Stadtarchäologie Hall i. T. hat in den letzten Jahren den Stadtrundgang „Hall360Tirol – eine virtuelle Zeitreise“ entwickelt, der zeitgemäße technische Entwicklungen nutzt. Grundsätzlich werden sphärische Projektionen von Rundumfotografien verwendet. Sie gestatten es, dem/der BenutzerIn eines internetfähigen Gerätes (Smartphone, Tablet, PC usw.), sich „in diesem Bild zu bewegen“ und es näher zu „erforschen“. Das Besondere an diesem System ist die Überblendung mit der Visualisierung aktueller Forschungsergebnisse. Das geschieht in Form von Aufnahmen, die z. B. während archäologischer Grabungen gemacht wurden, oder Rekonstruktionen von historischer Architektur etc. Über einen „Button“ wird das Bild am aktiven Standpunkt durch ein anderes ersetzt, das die entsprechenden Inhalte aufweist. Bei vielen Geräten ist auch ein sogenannter Gyro-Effekt möglich. Wenn das Gerät bewegt wird, bewegt sich das Bild entsprechend mit. Zusätzlich sind diese „Zeitsprünge“ mit schriftlicher und bildlicher Information verknüpft, die auf Wunsch eingeblendet werden kann. Manche Stationen besitzen mehrere Zeitsprünge. Dadurch erhält der/die Betrachter zahlreiche Möglichkeiten, sich mit den historischen Inhalten zu beschäftigen.
Der User hat mehrere Möglichkeiten den virtuellen Rundgang zu nützen. Man kann das Museum wie auch die jeweiligen Stationen des Rundganges über das Internet von jedem Computer oder Mobilgerät aus weltweit abrufen. Ausgehend von einer schwenkbaren 360-Grad Ansicht im Museum gelangt man über ein Navigationsmenü zu den weiteren Außenstationen. Eine besondere Qualität besteht darin, dass diese Stationen im Rahmen eines Stadtrundgangs tatsächlich aufgesucht und vor Ort abgerufen werden können. Das ist am unkompliziertesten durch das Scannen eines QR-Codes möglich, der an den jeweiligen Plätzen angebracht ist. So ermöglicht das System, den Istbestand mit Hilfe von Rekonstruktionen und Informationen abzugleichen.
Im vergangenen Jahr wurden diese bisherigen Stationen für eine Virtual Reality Brillen Nutzung adaptiert. Unter VR (virtual Reality) versteht man eine computergenerierte, interaktive Umgebung. Im Extremfall können solche Umgebungen ganze Landschaften beinhalten und mit entsprechender Hardware erkundet werden. Computergenerierte Spiele in Verbindung mit sehr teuren VR-Brillen bieten solche Möglichkeiten. Im einfachsten Fall kann auch ein 360ºPanoramafoto eine solche interaktive Umgebung sein. Mit relativ preisgünstiger Hardware (Mobile VR-Brillen) lassen sich solche Umgebungen sehr realistisch erleben. Der Bertachter hat den Eindruck, er befinde sich real in dieser Umgebung. Im Fall des „Hall360Tirol – eine virtuelle Zeitreise“- Projekts waren bereits wesentliche Bestandteile für ein gelungenes VR-Projekt vorhanden. Das Konzept, die Panoramafotos und alle Stationen-Beschreibungen konnten teilweise übernommen werden. Aufwendige Adaptionen waren in der Hall360-App notwendig, um sie so zu programmieren, dass diese auf Desktopcomputern, Mobiltelefonen, Tablets und letztlich VR Brillen gleichermaßen funktioniert. Dadurch erhält der/die BetrachterIn nun einen sehr realitätsnahen Eindruck von der aktuellen Situation wie auch der historischen Situation. Er/sie hat die Möglichkeit, das historische (wie aktuelle), virtuelle Umfeld aktiv zu erkunden. Auch hier ist das Abrufen von zusätzlichen Informationen möglich.
Keine Technologie kann aber die unmittelbare Erfahrung der Realität vor Ort ersetzen. Daher ist angedacht, Interessierte Bevölkerungsgruppen, Gäste, v. a. Schulklassen, im Rahmen dieses Projekts zu führen und mit seinen Inhalten und Möglichkeiten vertraut zu machen. Wir sehen darin v. a. ein didaktisches Medium, das auch im Rahmen des Schulunterrichts eingesetzt werden könnte. Schon öfter wurden geführte Rundgänge in der Stadt unter Einsatz dieses Systems durchgeführt, allerdings nur aus besonderen Anlässen. Aus der Summe dieser Überlegungen heraus haben wir uns entschlossen, ein eigenes Format für Stadtführungen zu entwickeln und so sollten 2020 nach einer weiteren technischen Ausbauphase und Adaptierung zur Nutzung des Rundgangs mittels VR Brillen spezielle Führungen für Erwachsene angeboten werden. Auch das museumspädagogische Programm für Tiroler Schulklassen sollte zu diesem Thema ausgedehnt werden. Durch die Beteiligung am Kooperationsprojekt „Wissensrallye Maximilian go“ 2019 haben wir die Erfahrung gemacht, dass Vermittlungsprogramme mit modernen Medien absolut erfolgreich sind.
Projekt Stationenerweiterung
Leider hat uns Sars-CoV-2 bei der Umsetzung einen Strich durch die Rechnung gemacht und wir mussten aufgrund von Verhaltensmaßnahmen, Abstands- und Hygieneregeln unsere Pläne das Vermittlungs- und Führungsprogramm betreffend hoffnungsvoll auf das Jahr 2021 verschieben. Wir wollten aber dennoch der derzeitigen Situation trotzen, denn gerade in der Zeit der Ausgangssperre ermöglichte dieses innovative Internetprojekt einen „virtuellen“ Rundgang entlang historischer Stationen in Hall. War der reale Besuch dieser Orte nicht oder nur mehr sehr eingeschränkt möglich, konnten die Orte mit „Hall360Tirol“ weiterhin für einen virtuellen Spaziergang „geöffnet“ bleiben. Wir hatten daher einen signifikanten Anstieg der Zugriffe (über 4.000) auf unserer Website verzeichnen können. (Haller Stadtzeitung 26.3.2020, Beitrag Hall360Tirol)
Das Projekt wird immer wieder mit neuen Stationen ergänzt. Sie entstehen aus aktuellen Anlässen heraus, wie sie z. B. jüngste Grabungen und Forschungen darstellen. 2019 konnte der Rundgang beispielsweise mit drei neuen Stationen, die im Zusammenhang mit dem Gedenkjahr zu Kaiser Maximilian stehen, erweitert werden. Wir haben daher die Zeit des Homeoffice für den Ausbau und die Planung weiterer Stationen genützt: Johanneskirche, Nepomukkapelle, Friedhofskapelle, Erweiterung Tanzsaal/Rathaus und Glashütte Hall.
Ein solcher Ausbau ist mit erhöhten Ausgaben vor allem für Recherchetätigkeiten und Programmierarbeiten verbunden aber auch die Kosten für Projektabwicklung, Produktion und Montage der Hinweistafel, Drucksorten, etc. steigen trotz teilweise ehrenamtlichen Personaleinsatz entsprechend. Dankenswerterweise wurde unser Vorhaben seitens der Stadt Hall, dem Land Tirol, dem Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, dem Tourismusverband Region Hall-Wattens, der Wohnungseigentum – Tiroler gemeinnützige Wohnbaugesellschaft m.b.H. und der TIGEWOSI – Tiroler gemeinnützige Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft m.b.H. finanziell unterstützt.
- Station Johanneskirche: kleine Saalkirche mit Fresken von Joseph Adam Mölk Anfang 18. Jh., 360º Panoramaaufnahmen, Zeitsprung vor und nach der Restaurierung 2019, Beschreibung der Deckenfresken – gefördert vom: Tourismusverband Region Hall-Wattens
https://www.hall360.tirol/johanneskirche.html - Station Friedhofskapelle: kleine Kapelle 19. Jh. am Haller Friedhof, 360º Panoramaaufnahmen, Informationen zur Baugeschichte inkl. Pläne und Skizzen, Beschreibung des Deckengemäldes von Alfons Siber inkl. Vorzeichnungen, Skizzen, etc. – gefördert von: Stadt Hall und Land Tirol, realisiert gemeinsam mit dem Stadtmuseum Hall i.T. https://www.hall360.tirol/friedhofskapelle.html
- Station Nepomukkapelle: Kapelle in der Unteren Lend, 360º Panoramaaufnahmen, Zeitsprung vor und nach Restaurierung, Informationen zur Baugeschichte – gefördert von: Stadt Hall, Land Tirol und BMKÖS
https://www.hall360.tirol/nepomukkapelle.html
- Station Tanzsaal im Rathaus: Ausbau und Erweiterung mit Vergleich heutiger Raumsituation /Zeitsprung Tanzsaal zur Zeit Kaiser Maximilians – gefördert von: Stadt Hall, Land Tirol und BMKÖS
https://www.hall360.tirol/rathaus.html
- Station Glashütte: 360º Panoramaaufnahmen, Rekonstruktion des ehemaligen Glashüttengebäudes in der Unteren Lend, Informationen zur Baugeschichte, historischer Abriss zur Glasproduktion – gefördert von: Wohnungseigentum – Tiroler gemeinnützige Wohnbaugesellschaft m.b.H. und TIGEWOSI – Tiroler gemeinnützige Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft m.b.H.
https://www.hall360.tirol/glas.html
Die Präsentation der ersten beiden neuen Stationen sowie eine allgemeine Vorstellung des Projektes „Hall360Tirol – eine virtuelle Zeitreise“ wären für den Tag des Denkmals (27. September 2020), den Denkmalschultag des Bundesdenkmalamtes (22. September 2020) und das Haller Nightseeing (23. Oktober 2020) geplant gewesen. Aufgrund der derzeitigen Covid19-Situation wurden diese Veranstaltungen leider abgesagt.
Dank der vielen Pressemeldungen, Facebookeinträge, Interviews mit Klaus Karnutsch (Kronenzeitung) und Mag. Dr. Alexander Zanesco (Radio Tirol) und einem Beitrag bei Tirol Heute mit Felix Lindtner konnten wir im November 2020 über 8600 Zugriffe auf www.hall360.tirol verzeichnen.
Auswahl Pressemeldungen:
Haller Stadtzeitung 26.3.2020, Beitrag Hall360Tirol
Haller Blatt, April 2020, Beitrag Hall360Tirol
Haller Stadtzeitung 5.11.2020, Beitrag Hall360Tirol
Haller Blatt, November 2020, Beitrag Hall360Tirol
Bezirksblätter Hall-Rum 25.11.2020, Beitrag Hall360Tirol
Bezirksblatt Hall-Rum 19.11.20, Onlinebeitrag Hall360Tirol
Kronenzeitung Tirol 20.11.2020, Beitrag Hall360Tirol
ORF Tirol 21.11.2020, Onlinebeitrag Hall360Tirol
Oesterreich Journal Ausgabe 196, Dez. 2020, Beitrag Hall360Tirol