Depotarbeit 2019

Jänner bis Dezember 2019
Depotarbeit 2019
Freiwilligenarbeit in der Stadtarchäologie Hall

Abgesehen von Mithilfe bei Veranstaltungen und Grabungen umfasst die Freiwilligenarbeit vor allem die Inventarisierung und Verwaltung des Sammlungsbestandes. Da die Stadtarchäologie Hall seit über 20 Jahren Grabungen und Bauforschungsprojekte in Hall und Umgebung durchführt, sind Funde aus über 50 Projekten zu erfassen, dazu noch einige Fundaufsammlungen, die diverse Finder eingeliefert haben. Die Erschließung des Sammlungsbestandes der Stadtarchäologie umfasst im Wesentlichen folgende Aufgaben: Die während der archäologischen Grabungen und Bauforschungsprojekten geborgenen Fundobjekte so schnell wie möglich – oft auch schon während der Grabung, zu sortieren und zu reinigen. Sie zu beschriften, zu inventarisieren und bestmöglich zur kulturgütergerechten Erhaltung zu versorgen und sie einer fachgerechten Aufbewahrung zuzuführen. Bei der Sichtung werden Fragmente zu Objekten sortiert und zur Restaurierung vorbereitet, bzw. restaurierungswürdige Objekte aus der Fundaufsammlung ausgewählt.

Restaurierungsarbeiten in der Burg Hasegg, 2019, Foto: Stadtarchäologie Hall i.T.

Die Standortverwaltung: Da Funde nicht nur im Depot lagern, sondern auch in den Räumlichkeiten der Stadtarchäologie in der Burg sowie an verschiedenen Orten in der Stadt (z. B. Goldener Engel, Anna-Dengel-Strasse etc.) in Vitrinen zur Stadtgeschichte ausgestellt sind, werden die Objekte an den verschiedenen Standorten erfasst bzw. auch der Verbleib von Leihgaben registriert. Die Betreuung von Wissenschaftlern bzw. Studenten, die im Fundbestand der Stadtarchäologie Vergleichsobjekte für ihre Forschungs- und Publikationsprojekten suchen.
Da auch 2019 nur wenige Grabungen stattfanden, war der Neuzugang von Funden ins Depot nicht allzu groß und so konnte sich das Team auf die Sichtung, Sortierung und Kontrolle von Altgrabungen in Hall konzentrieren. Wie schon im Jahr zuvor nach der Übersiedlung (s. Jahresbericht 2018), muss die Fundsammlung und ihr Zustand weiter erfasst werden und nach und nach sämtliche Kisten, Schachteln, wassergefüllte Container und Kübel mittels Fundlisten überprüft und Objekte für die Restaurierung, Ausstellungen und Publikationen vorbereitet werden. Um den Sammlungsbestand der Stadtarchäologie umfassend darstellen zu können, werden die Fundlisten aus den Grabungen nun durch EDV-Dateien ergänzt, die alle Funde nach Materialgattungen (Glas, Keramik, Ofenkeramik, Knochen, Metall, Buntmetall, Ziegel, Textil, Leder, Kleinfunde, …) bzw. Fundgruppen (Spielzeug, Pfeifen, Tafeln und Griffel, Figuren …) erfassen können. Zusätzlich wird jedes Grabungsinventar nach Fundnummern und nach Material, bzw. Fundgruppen sortiert aufgelegt und fotografiert, um einen raschen Überblick zum Fundmaterial zu erhalten. Damit ist es möglich, die Suche nach bestimmten Objekten, wie speziellen Glas- bzw. Keramikformen oder einzelne Kleinfunde vorerst in den Bilddateien am Computer vorzunehmen, was ein mehrfaches Bewegen, Ein- und Auspacken der oft filigranen Objekte erspart und gezieltes Entnehmen ermöglicht. Viele der Grabungsinventare umfassen jeweils mehr als 20.000 Einzelobjekte bzw. Fragmente und werden so leichter zugänglich. Bei der Sichtung werden zusammengehörige Fragmente aussortiert und zur Restaurierung vorbereitet, bzw. werden besondere Objekte für die Museumsdatenbank ausgewählt. Zahlreiche schon sortierte Objekte harren ihrer Restaurierung, die erst nach Bereitstellung von Mitteln erfolgen kann. Nach erfolgter Restaurierung werden neue Objekte in die Museumsdatenbank eingepflegt, d. h. der Gegenstand wird dokumentiert, fotografiert, vermessen, beschrieben, stil- und zeitmäßig eingeordnet. Etwa 1.600 restaurierte Objekte aus Haller Grabungen sind derzeit in der Tiroler Museumsdatenbank verzeichnet und dienen vor allem der leichteren Suche bzw. Auswahl im Leihverkehr mit anderen Museen. Zahlreiche weitere sollen in Zukunft noch dazukommen. Diese Arbeit erfordert eine ständige Weiterbildung bzw. Zugriff auf Literatur und andere Objektdatenbanken, sodass die freiwilligen Mitarbeiter, die inzwischen schon eine fast 20 jährige Praxiserfahrung haben, auch immer wieder an museumstechnischen Kursen teilnehmen. Darüber hinaus gibt es aber in diesem Bereich auch laufenden Austausch mit anderen Fachinstitutionen, so werden Veranstaltungen der Universität, der Archäologischen Gesellschaft etc. besucht und Exkursionen in andere Museen und Sammlungen durchgeführt. Hochgerechnet übers Jahr ersetzen die Freiwilligen mindestens eine Vollzeitbeschäftigung, die nicht zu finanzieren wäre.

Sortierung von Fundmaterial im Depot Schulgasse, 2019, Foto: Stadtarchäologie Hall i.T.

Vom 17. bis 20.Dezember 2019 konnten wir Ph. Dr. CSc Hedvika Sedláčková, Spezialistin für mittelalterliches und Rennaissanceglas aus Nymburk sowie Dr. Dana Rohanova, Universität für Chemie und Technologie, Department Glas und Keramik in Prag im Depot begrüßen. Sie sichteten den Glasbestand des Depots und gaben Hinweise zur Beschlagwortung und Datierung. Schon vor einiger Zeit hatten sie die Gläser aus der Haller Glashütte besichtigt und beprobten einige Stücke kostenfrei für die Stadtarchäologie. Diese Glasfragmente aus Hall werden im Buch Sedláčková, Hedvika – Dana Rohanová (eds.), Brno 2016, im Vergleich zu anderen Renaissancegläsern aus Tschechien und dem östlichen Österreich dargestellt.
An ihren Dissertationen zu den Haller Themen wie die Keramik aus der Sole – bzw. Salzverarbeitung im Halltal in der Eisenzeit bzw. die frühneuzeitliche Glashütte Hall arbeiten noch immer zwei der Freiwilligen.
Auf Grund der jahrelangen Erfahrung wird das Freiwilligenteam und MitarbeiterInnen des wissenschaftlichen Leiters der Stadtarchäologie Hall, Mag. Dr. Alexander Zanesco, auch immer wieder von anderen Museen um Unterstützung angefragt. So wurden wir vom Heimatkunde- und Museumsverein Wattens-Volders gebeten, die im Museum Wattens im Depot und der Feuerwehr Wattens abgestellten Funde aus den 15 eisenzeitlichen Grabungen am Pirchboden in Fritzens zu sortieren, EDVgestützt zu erfassen und depotgerecht abzupacken. In den zahlreichen Schachteln, Kisten und Säcken befanden sich sowohl Funde aus privaten Fundauflesungen, restaurierte Objekte für Ausstellungen und Funde der unterschiedlichen Grabungskampagnen aus den Jahren 1981 bis 2005 mit völlig verschiedenen Grabungsdokumentationen. So mussten erst alle Funde jahrgangsmäßig gesichtet, die oft kryptischen Angaben verglichen und in eine Reihenfolge gebracht werden, die Knochen, Keramiken, Metallfunde in Fundgruppen sortiert und mit ihren Verortungsangaben am bzw. im Fundsack gelistet werden. Nach 426 Arbeitsstunden für 9 Freiwillige im Depotraum im Keller des Museums in Wattens konnten die Funde der eisenzeitlichen Grabung jahrgangsmäßig und in Materialgruppen sortiert in Kartons verpackt und beschriftet endlich ins Regal gestellt werden und war die EDV-mäßig erfasste Fundliste für alle Grabungen zwischen 1981 bis 2005 fertig.