20. Oktober 2018
Vereinsexkursion
„Chur“
Fixer Programmpunkt im Rahmen unserer Aktivitäten ist die alljährliche Vereinsexkursion, die wir für unsere Mitglieder und Interessierte – organisiert von Mag. Alexandra Müller-Krassnitzer – anbieten.
Dieses Jahr ging es auf Vorschlag des Vorstandes nach Chur in den Schweizer Kanton Graubünden, um die schon lange ausgesprochene Gegeneinladung wahrzunehmen.
Im September 2015 begrüßten wir die MitarbeiterInnen des archäologischen Dienstes Graubünden in Hall und luden sie nach einem abwechslungsreichen Besichtigungsprogramm in die Räumlichkeiten der Stadtarchäologie zu einem kleinen Empfang ein.
Nun war es endlich soweit, dass wir im Gegenzug die älteste Stadt der Schweiz besuchten. Kantonsarchäologe Dr. Thomas Reitmaier, ein lieber Kollege, hatte uns nicht nur eingeladen, sondern auch bei der Organisation vor Ort geholfen. Er und sein Kollege Manuel Janosa erklärten sich auch bereit die Führungen vor Ort zu übernehmen. In zwei Gruppen aufgeteilt erkundeten wir am Vormittag die Altstadt und besuchten das Rätische Museum.
Chur hat eine der schönsten Altstädte der Schweiz. In den letzten Jahrzehnten ist sie kontinuierlich restauriert worden und heute praktisch zur Gänze verkehrsfrei. Rote Hinweisschilder führen durch die Stadt und zeigen dem Besucher die schönsten Sehenswürdigkeiten, Gassen und Plätze, die geprägt von Zunft- und Bürgerhäusern aus dem 16. bis 18. Jahrhundert sind.
Mitten in der malerischen Altstadt von Chur präsentiert das historische Museum Bündner Geschichte(n) von den Anfängen bis in die Gegenwart. Eine Dauerausstellung über vier Stockwerke und eine Sonderausstellungen luden uns ein zu einer Reise durch die Jahrhunderte ein. Es gehört zu jenen Museen, deren historische Sammlungen, wie in vielen anderen Schweizer Kantonen auch, im Laufe des 19. Jahrhunderts aufgebaut wurden. Heute besteht die Sammlung aus über 100.000 Objekten. Zu bestaunen waren etwa archäologische Fundstücke wie Werkzeuge, Waffen oder Schmückstücke. Außerdem ist im Rätischen Museum auch ausreichend Platz für das Bündner Kunsthandwerk, etwa mit Produkten rund ums Töpfern und Schmieden. Auch Exponate, die den Buchdruck und die Landwirtschaft vertreten, gab es zu entdecken und natürlich auch die umfangreiche Münzsammlung.
Über der Altstadt thront der Bischöfliche Hof mit der 800 Jahre alten Kathedrale Sankt Mariä Himmelfahrt und ihrem in goldener Pracht strahlenden spätgotischen Hochaltar. Die Besichtigung der Kirche durfte bei der Führung durch die Stadt selbstverständlich nicht fehlen. Anlässlich der Kathedralrestaurierung von 2003 bis 2007 war es möglich, im Rahmen von punktuellen Teiluntersuchungen durch den archäologischen Dienst Graubünden neue Erkenntnisse zur Baugeschichte der bestehenden Kathedrale (Bauzeit ca. 1150 bis 1272) und ihrer Vorgängerbauten zu gewinnen.
Gestärkt von Bündner Spezialitäten die es beim dreigängigen Mittagsmenü (Bündner Gerstensuppe, Capuns/Churer Beckibraten/Churer Fleischtorte, Churer Rötelibirne mit Vanilleglace/Zwetschgen „Alt Fry Rhätia“/ Gebrannte Crème mit Vanilleglace) im Restaurant Marsöl gab, ging es am Nachmittag mit den geführten Besichtigungen weiter.
In Chur liegt eines der bedeutendsten Baudenkmäler des frühen Christentums nördlich der Alpen unter der heutigen Bündner Kantosschule: die Überreste der Stephanskirche, eine spätantike Grabkirche der Churer Bischöfe. Sie ist neben den Vorgängerbauten der Kathedrale der älteste bekannte christliche Sakralbau Churs. Erhalten haben sich von der fühchristlichen Saalkirche mit Apsis und nördlichen und südlichen Annexen dekorative Malereien mit floralen Motiven und Fragmente von Aposteldarstellungen sowie ein Fußbodenmosaik.
Im Welschdörfli, dem Altstadtteil südlich des Flusses Plessur, stieß man auf mehrere urgeschichtliche Siedlungen und auf Reste einer römischen Straßenstation. Der Eroberungsfeldzug der Römer vor gut 2000 Jahren ist ein wichtiger Bestandteil der Siedlungsgeschichte Churs. Auf dem Areal Ackermann am Seilerbahnweg konnten wir die Ausgrabungen und Funde aus dieser Zeit besichtigen. Die Schutzbauten über den römischen Bauzeugnisse und Wandmalereien sowie den Funden von der Jungsteinzeit (5500–2200 v. Chr.) bis zur römischen Epoche (15 v. Chr. – 400 n. Chr.), sind 1986 nach Plänen des Bündner Architekten und ehemaligen Denkmalpfleger Peter Zumthor ausgeführt worden. Sie sind sowohl schützende Hülle der archäologischen Funde als auch Museum und architektonisches Juwel. Der filigranartige Lamellenbau ließ die ursprünglichen Ausmaße der römischen Bauten erahnen.
Einen geselligen und vor allem sehr kulinarischen Ausklang unseres Ausfluges fand dann im Rahmen eines Empfangs im Schloss Haldenstein statt, im ehemaligen Sitz des Archäologischen Dienstes Graubünden. Wir danken Dr. Thomas Reitmaier und seinem Kollegen Manuel Janosa für den interessanten, lehrreichen und spannenden Tag in der Hauptstadt Graubündens und dem Archäologischen Dienst Graubünden und seinen MitarbeiterInnen für die herzliche Einladung.