Projekt „Hall360Tirol – eine virtuelle Zeitreise“, 2016

2016
Projekt
„Hall360Tirol – eine virtuelle Zeitreise“

Archäologie, Ausgrabungen und spektakuläre Funde üben seit jeher eine Faszination auf die Öffentlichkeit aus. In exakter, mühevoller und langwieriger Arbeit werden Überreste der Vergangenheit freigelegt, dokumentiert und Funde geborgen und restauriert. Ein Großteil der Ausgrabungsplätze kann jedoch vielfach aus Kostengründen nicht dauerhaft erhalten bleiben, sondern muss nach Abschluss der Arbeiten wieder zugeschüttet werden oder modernen Bauvorhaben Platz machen. Allein die Dokumentation in Fachpublikationen, die zumeist auf ein begrenztes Fachpublikum beschränkt ist, bleibt davon übrig. Ausgewählte Funde werden restauriert in Museen ausgestellt, eine für BesucherInnen klar ersichtliche Verbindung mit dem ursprünglichen Kontext ihrer Auffindung ist allerdings auch bei bestmöglicher Präsentation nur noch schwer gegeben.

Um dieses Problem zu lösen wurde das Projekt „Hall360Tirol – eine virtuelle Zeitreise“ gestartet. Im Rahmen eines virtuellen archäologischen Stadtrundganges kann mit 360-Grad Panoramabildern in Halls Vergangenheit geblickt werden. Unter der heutigen Bodenoberfläche öffnen sich so erneut die archäologischen Überreste der Vergangenheit und ermöglichen die Sichtbarmachung der freigelegten Mauern sowie die genaue Bestimmung der Lage der Funde, nachdem die Grabungen schon längst beendet und wieder zugeschüttet wurden. Die Fundplätze lassen sich zudem mit den im Museum Stadtarchäologie Hall ausgestellten Fundobjekten vernetzen.

Der Startschuss für das Projekt fiel 2014 mit der Förderung der Pilotphase durch das Bundeskanzleramt Abteilung Kunst/Kultur (damals bmukk). Durch den Haller Fotografen und Multimediadesigner Klaus Karnutsch wurde damit begonnen, laufende Grabungsprojekte und Funde im Museum fotographisch zu dokumentieren und 360-Grad Panoramafilme zu erstellen. Parallel dazu wurden passenden Texte erstellt, nach historischen Bildern recherchiert sowie digitale Rekonstruktionen entwickelt. Pläne und Zeichnungen sind mit aktuellen aber auch historischen Ansichten und den wichtigsten Textinformationen verknüpft. Schlussendlich wurde die Homepage erstellt, die Daten hoch geladen und ein laufend adaptiertes und möglichst benutzerfreundliches Interface entwickelt (www.hall360.tirol).

Sieben Stationen
Neben Ausbau und Verbesserungen der bereits bestehenden Stationen wurde 2015 an der neuen Station Bastion (Unterer Stadtplatz 19) sowie an der Erweiterung der Station Pfarrkirche St. Nikolaus (Grabung im Presbyterium) gearbeitet. Anfang 2016 konnte mit der technischen Umsetzung von Klaus Karnutsch und Dank der finanziellen Unterstützung durch den TVB die Station Tourismusinformation Region Hall-Wattens – Ehemalige Bastion (Unterer Stadtplatz 19) fertig gestellt werden. Ergänzt durch Pläne, historische Abbildungen und Vergleichsbeispiele anderer Befestigungswerke mit Schießscharten wurde dieser Standort nun in den virtuellen Rundgang des Projekts „Hall360Tirol – eine virtuelle Zeitreise“ aufgenommen.

Screenshot „Station Bastion“ Außenaufnahme, 2016, Foto: Stadtarchäologie Hall i.T.

Derzeit können sieben Stationen in der Altstadt von Hall in Tirol digital besucht werden: die Stadtpfarrkirche St. Nikolaus, die Josefskapelle, die ehemaligen Stadttore Milser- und Schergentor, die heute überbaute Latrine der Burg Hasegg, das ehemalige Bastionsgebäude am Unteren Stadtplatz und das Museum Stadtarchäologie Hall in der Burg Hasegg.
Die bisherigen Stationen konnten dank Subventionen des Bundeskanzleramtes Abteilung Kunst/Kultur, des Landes Tirol, der Stadt Hall, des Tourismusverbandes Region Hall-Wattens und der Pfarre St. Nikolaus in Hall und in Zusammenarbeit mit der Hall AG, der Münze Hall und dem Stadtmarketing Hall realisiert werden. Weitere Standorte sind in Planung. Ein Ausbau des virtuellen Rundganges auch auf andere Grabungsplätze ist mit finanzieller Unterstützung durch Kooperationspartner und Bauherrn jederzeit möglich.

Screenshot „Station Bastion“ Innenaufnahme während der Grabung, 2016, Foto: Stadtarchäologie Hall i.T.

Hinweisschilder
Neben kleineren Ergänzungen und Adaptierungen war es uns 2016 wichtig, Tafeln und Hinweisschilder bei den jeweiligen Stationen zu montieren, damit der Rundgang als solcher auch genützt werden kann. BesucherInnen der virtuellen Stadttour haben ab jetzt zwei Möglichkeiten: Sie können das Museum wie auch die jeweiligen Stationen des Rundganges über das Internet (www.hall360.tirol) von jedem Computer aus weltweit abrufen. Ausgehend von einer schwenkbaren 360-Grad Ansicht im Museum gelangt man über ein Navigationsmenü zu den weiteren Außenstationen.

Hinweisschilder an den Grabungsstellen zum Einloggen vor Ort, Foto: Stadtarchäologie Hall i.T.

Spannender ist jedoch die Kombination mit einem echten Besuch des Museums sowie einem Rundgang durch die Stadt Hall. Dazu wurden im April 2016 in Absprache mit dem Bundesdenkmalamt, der Stadt Hall, dem städtischen Bauamt Abteilung Denkmalschutz, der Pfarre Hall, dem Tourismusverband Hall, dem Stadtmarketing Hall sowie der Münze Hall an allen Stationen in der Stadt Hinweistafeln und Wegweiser mit den Stationsnamen und QR-Codes angebracht. Mittels mobiler Geräte, also per Smartphone, iPhone, Tablet oder iPad, kann man sich nun in Sekunden direkt an den jeweiligen Plätzen einloggen und vor Ort die Überreste der Vergangenheit mit einem virtuellen 360-Grad Panaromafilm sowie viele Informationen sichtbar machen. Der Betrachter sieht den aktuellen Zustand des Platzes und kann nun mittels Zeitsprung auf die längst abgeschlossene und wieder zugeschüttete Grabung bzw. nicht öffentlich zugängliche Orte blicken. Umgekehrt stellt es natürlich auch einen Anreiz dar nach dem virtuellen Stadtrundgang die einzelnen Exponate im Original zu besichtigen.

Hinweisschild für Hall360Tirol – Station Schergentor, Foto: Stadtarchäologie Hall i.T.

Für die Beschilderung wurden zwei Varianten gewählt: an Gebäudefassaden und Hauswänden wurden Glastafeln angebracht, bei Wegweiserstationen der Stadt Hall orientierten wir uns an der dort benutzten Vorlage.
Dank ergeht an Johannes Anker und die Firma Anker Dach & Glas für die kostenlose Herstellung der Glastafeln, an Helmut Brentel für die Verstärkung der Distanzhalter und an Werner Anfang für die Hilfe bei der graphischen Gestaltung.
Die Produktion und Anbringung der Wegweiser wurde von der Firma Holzbauer durchgeführt, während für die Montage der Glastafeln die Vorstandsmitglieder Dipl.-Ing. Walter Hauser und Thomas Lindtner selbst Hand anlegten. Unterstützung bekamen die beiden von Felix Lindtner.

Montageteam: Landeskonservator Dipl.-Ing. Walter Hauser mit Nachwuchsarchäologe und Gehilfe Felix Lindtner bei der Anbringung der Hinweistafeln, 2016, Foto: Stadtarchäologie Hall i.T.

Sonderführung
Um das Projekt „Hall360Tirol – eine virtuelle Zeitreise“ vorzustellen lud die Stadtarchäologie Hall am Freitag, den 14. Oktober 2016 um 19:00 Uhr zu einem geführten Rundgang mit Mag. Dr. Alexander Zanesco. Trotz des schlechten Wetters nützten einige Interessierte die Gelegenheit nicht nur um einen Blick in die Vergangenheit zu werfen, sondern auch die QR-Codes auf den neu angebrachten Tafeln und Schildern auszuprobieren. Als Treffpunkt wurde das neue Büro des Tourismusverbandes Region Hall-Wattens gewählt.  Hier wurde den TeilnehmerInnen zunächst das Projekt vorgestellt und die Handhabung erklärt, bevor mit dem praktischen Teil, dem eigentlichen Rundgang, direkt vor der Türe mit der Station „ehemalige Bastion“ am unteren Stadtplatz 19 begonnen werden konnte. Der Tourismusverband Region Hall-Wattens stellte uns und den TeilnehmerInnen um eine bessere Akustik zu erreichen für diesen Abend kostenlos Audiogeräte zur Verfügung.

Start der Sonderführung zum Kennenlernen des Projekts Hall360Tirol im Büro des Tourismusverbandes Region Hall-Wattens, 2016, Foto: Stadtarchäologie Hall i.T.
Mag. Dr. Alexander Zanesco zeigt den TeilnehmerInnen die Station Josefskapelle. 2016, Foto: Stadtarchäologie Hall i.T